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12. Oktober 2002

Segen oder Fluch der Globalisierung?

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Segen oder Fluch der Globalisierung? Schon diese Einleitung zeigt, dass die Globalisierung ein Prozess ist, der alle Bereiche der Gesellschaften umfasst. Und diese vielen Facetten zu zeigen, war das Ziel des Finanzforums, das zum dritten Mal gemeinsam mit der DEKA-Bank veranstaltet wurde. Hauptsächlich Studierende des Studienganges Internationales Finanzmanagement waren zu Gast, denen Dr. Maier einen Blick über den Tellerrand hinaus gewähren wollte. Die Globalisierung lässt sich nicht nur auf die entfesselten internationalen Finanzströme reduzieren. Bei seine Studierenden wollte Maier daher ein Bewusstsein für verantwortliches Handeln wecken. „Es geht nicht nur um mathematische Formeln, sondern auch um 814 Millionen Menschen, die vom Hunger bedroht sind. Die Referenten näherten sich dem Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. Es ging um die Finanzmärkte, die Menschen, die Folgen für die Umwelt und die grundsätzlichen Risiken.
Zwar profitieren die Finanzmärkte in erster Linie von der Globalisierung, sie sind aber auch in erster Linie verwundbar. Professor Dr. Michael Hüther, der Chefvolkswirt der Frankfurter DEKA Bank, sieht in dem weltweiten Szenario in erster Linie die Chance, global leichter zu agieren und zusätzliche Marktchancen zu nutzen. Die Unternehmen auf den globalen Märkten bewegten sich auf Märkten die transparenter sind, die schlichtweg größer seien und auf denen sich zeitlich und unbegrenzt Geschäfte machen lassen. Die Kehrseite sei allerdings, dass sich die Produkte immer mehr ähnelten und Unterschiede nur noch über den Preis feststellbar seien. Die Wirtschaftsunternehmen geraten so unter enormen Druck: Immer schneller werden die Zyklen, die Kosten für die Entwicklung steigen und die Zeitspanne, in der sich mit diesen mit hohen Kosten entwickelten Produkten Geld verdienen lässt wird immer kürzer. Die Finanzwirtschaft ist davon nicht weniger betroffen. Mit dieser Schnelllebigkeit lassen sich immer schwerer Prognosen abgeben. Die Erwartungen in die Entwicklung der Märkte beruhen auf Fiktionen und die Halbjahresberichte, die die Finanzmärkte fordern, werfen strategische Planungen für die Unternehmen oft über den Haufen. Trotzdem überwiegen für den Bankmanager die Vorteile. Die Wachstumsmöglichkeiten und die hohe Effizienz der Märkte machten die Nachteile wett.
Es war diese Sicht der Dinge, die als Grundlage der weiteren Referate und auch in der späteren Diskussion für Zustimmung und Verstimmung gleichermaßen sorgte. Frau Elisabeth Paskuy, Dozentin an der Fachhochschule Bremen und Referentin der globalisierungskritischen Bewegung ATTAC, sieht in den ungezügelten Investitionsströmen der Finanzwirtschaft große Gefahren. Die Banken und Finanzfirmen haben aus ihrer Sicht Kopf und Kragen riskiert. Die Asienkrise hätte allein in Indonesien dafür gesorgt, dass die Gehälter um 40% geschrumpft seien. Die japanischen Banken litten noch heute unter den Folgen. Die geplatzten Spekulationsblasen in Deutschland sorgten dafür, dass sich auch hier zu Lande die Banken in einer Schieflage befinden. Die Folge sei, dass für den Mittelstand kaum noch Kredite verfügbar seien. Statt auf das freie Spiel der Kräfte zu vertrauen fordert Frau Paskuy Regeln, um die Marktwirtschaft vor dem Kapitalismus zu schützen.

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Den globalisierten Mitarbeiter gibt es noch nicht. Wenn es um die Menschen geht, stößt die Globalisierung an Grenzen. Peter Berg, der bei DaimlerChrysler Services das internationale Personalwesen leitet, betreut Mitarbeiter in über 100 Ländern. Und dort ist der Anteil der inter-nationalen Mitarbeiter relativ niedrig. 90 % der Mitarbeiter vor Ort stammen aus dem jeweiligen Land. Auch wenn sein Unternehmen ein globalisiertes Unternehmen ist, achtet er darauf, dass vor Ort die lokale Kultur in den Niederlassungen erhalten bleibt. Berg gab dies auch im Schlusswort den Studierenden auf den Weg: Globalisierung hin oder her: Das wichtigste sei die Qualifikation, dass die Arbeit Spaß mache und man sich im Unternehmen wohlfühle.
Der eigentliche Verlierer der Globalisierung ist auf den ersten Blick die Umwelt. Ministerialdirigent Dr. Albrecht Rittmann, Abteilungsleiter beim Umweltministerium in Stuttgart, sieht lokale Bemühungen um eine bessere Umwelt vor allem in ihrer Vorbildfunktion. Einzelne Staaten könnten in der globalisierten Welt wenig für die Umwelt tun. Auch er forderte einen Ordnungsrahmen, Regeln, die derzeit weder von den Vereinten Nationen noch von den Handelsorganisationen aufgestellt werden. Hüther dagegen sieht durchaus Chancen für die Umwelt. Auch wenn die Nachhaltigkeitsdiskussion 10 Jahre nach der Rio-Konferenz derzeit wenig Resonanz finde, dies liege vor allem an den USA; könne die Ökologie gewinnen, wenn man ökonomische Anreize setze. Die Rolle der Wirtschaft, das wurde deutlich, kann auch für eine gerechtere Welt wirken. So haben deutsche Firmen oft nicht nur ihre Produktionsstandorte in andere Länder exportiert, sondern oft auch ihre Umwelt- und Sozialstandards, so Peter Berg.
Segen oder Fluch? Die Antwort blieb die Veranstaltung auch nach einer langen Diskussion schuldig. Das war aber auch kaum zu erwarten, zu weit lagen die Meinungen der Referenten zum Teil auseinander. Aber auch damit konnten die Besucher und die Diskussionsleiterin Professor Dr. Margot Körber-Weik gut leben. So war das Schlusswort von Dekan Professor Dr. Konrad Scorl durchaus passend, als er Churchill zitierte: “ Wenn zwei einer Meinung sind, ist einer überflüssig“.

Pressenotiz vom 12. Oktober 2002